Die SPD / Jusos Heidelberg und der #Hashtag: #Brot und #Spiele

Quelle: http://spdnet.sozi.info/bawue/heidelberg/images/user_pages/voteparty.jpg

TISCHKANTE! Ich bin nicht in der SPD, ich wähle die SPD nicht und dennoch ärgere ich mich maßlos über die SPD und ihren Direktkandidaten zur Bundestagswahl 2013 im Wahlkreis Heidelberg, Lothar Binding. Warum? Wegen ihres dreisten Erstwähler-Stimmenkaufversuchs.

Es ist Donnerstag. Ich verlasse den Hörsaal des Campus Bergheim nach der Vorlesung zu „Vergleichende Außenpolitikanalyse“ und möchte durch den Haupteingang das institutseigene Café aufsuchen, um meinem Flüssigkeitshaushalt etwas Gutes zu tun. Doch zwei emsige Flyer verteilende Menschen versperren mir den Weg. Missmutig nehme ich das mir entgegengestreckte Stück Papier entgegen. In großen Lettern prangt darauf ein Text aus zwei Worten: „#Vote #Party“. Daneben stehen hübsch aufgelistet der Veranstaltungsort und der grobe Ablauf der Veranstaltung (regionale Coverband + DJs + Bundestagsdirektkandidat). Auf der anderen Seite ganz groß das Motto der Party: „Das #Bier gewinnt“. Ich werde stutzig und suche nach weiteren Angaben. Und tatsächlich finde ich das V.i.S.d.P. (Verantworlich im Sinne des Presserechts): Jusos Heidelberg. Wie bitte?

Die initiale Verwunderung weicht Verärgerung weicht der Wut. Wut, weil „die älteste Partei Deutschlands“ es nicht mehr nötig zu haben glaubt, mit politischen Inhalten zu werben (und so ihrem verfassungsmäßigen Auftrag der politischen Willensbildung nachkommen würde) sondern völlig unverfroren auf die Brot-und-Spiele-Taktik zu setzen. Wut, weil es grottenschlechtes Marketing ist, um an „Jungwähler“ heranzukommen. So als hätten sich die Verantwortlichen hingesetzt und sich gefragt, was man denn so machen könne, um „den jungen Leuten“ einen Bezug zu geben und dabei selbst möglichst hip, cool, trendy zu wirken. Ja, genau. Man erklärt einfach mal alles zum Hashtag! Denn das kennen „die jungen Leute“ ja von diesem „Kurznachrichtendienst Twitter“. Wut, weil sich ein Bundestagsabgeordneter (!) für so eine Posse hergibt. Wut, weil die SPD mehr Kohle für die Werbekampagne und den Vollsuff potentieller Erstwähler (sofern sie eine „Erstwählereinladung“ haben, kommen die nämlich für umme rein) raushaut als sie für sinnvolle™ $Dinge auszugeben. Wut, weil die SPD nicht den Mut hat, zu ihrer Veranstaltung zu stehen. Das Logo der Partei – oder auch nur ihr Name – taucht auf dem Flyer kein einziges Mal auf. Nur das V.i.S.d.P. gibt Aufschluss über die Urheberschaft. Naja und die Tatsache, dass Lothar Binding mit von der Partie ist, der aber nur als Name erscheint.

Natürlich kann man mir Voreingenommenheit und Neid vorwerfen. Ja, ich bin $Pirat und nein, wir haben nicht so viel Geld wie die SPD. Ja, ich würde so einen geistigen Brechdurchfall auch ankreiden, würde er von meiner eigenen Partei vor meiner eigenen Haustür in die Öffentlichkeit geschissen werden. Ja, der Rest meiner Partei macht auch blöde Sachen. Sehr blöde sogar. Aber zum Glück keine, die ihren Ursprung in meiner Parteigliederung haben und auf die ich so hätte Einfluss nehmen können. Ja, es geht mir hier ums Prinzip. Lothar Binding unternimmt noch nicht einmal den Versuch, diese politisch motivierte Veranstaltung auch politisch aufzuziehen. Er will sich lieber als „Gönner“ und Wohlfühlkandidat präsentieren und degradiert sich dabei selbst zum Gebrauchtwagenhändler, der nur am Absatz interessiert ist.

Nur eine Sache würde mich noch viel wütender machen als ich es ohnehin schon bin. Hätte die SPD damit tatsächlich Erfolg. Würden einmalig stattfindende und platt beworbene Brot-und-Spiele tatsächlich ausreichen, Wählerschichten zu mobilisieren und erschließen. Dann wäre ich richtig wütend. Und würde mir das mit der Demokratie wirklich nochmal überlegen…

Autor: Herr_Samsa

Eingeschlafen - geträumt - aufgewacht - Käfer.

Ein Gedanke zu „Die SPD / Jusos Heidelberg und der #Hashtag: #Brot und #Spiele“

  1. Danke.
    Danke dafür, dass du dich über diese Versuche, Wahlstimmen zu kaufen, genauso aufregst wie ich. Hier in Eckernförde, einem ziemlich konservativen Ostseeurlaubort, versucht es die CDU mit ähnlichem: Vor der Landtagswahl 2012 gab es eine riesige Veranstaltung unter dem Motte „I sexy and JU know it“ von Jungen Union mit allen Arten von Alkohol für 1€/Glas, den Landtagskandidaten und Mitgliedsanträgen auf Bierdeckeln in dem einzigem Club weit und breit. Am nächsten Tag habe ich dann im Bus gehört: „Geil, die werd ich wählen, die sind cool. Ich mein, in anderen Clubs bekomm ich mit 15 noch keinen Vodka“
    Die nächste Aktion kam vor der Kommunalwahl dieses Jahr. Am Wahltag hing an JEDER Haustür des gesamten Ortes eine Brötchentüte mit fünf weißen Brötchen und der Aufschhrift:

    Erst richtig frühstücken, dann richtig wählen. CDU

    In einem Ort, in dem jedes 3. Haus ein nur selten belebtes Ferienhaus ist und dementsprechend wahnsinnig viele Brötchen weggeschmissen wurden fand ich das besonders bescheuert.

    Das Menschenbild, was hinter diesen Aktionen steht, ärgert mich am meisten. Diese Veranstaltungen zeigen, wie weit die jeweiligen Parteigliederungen glauben, dass Wahlen käuflich und ihre Wähler komplett dumm sind. Nach dem Motto: „Wählen dürfen solche Leute uns gerne, aber mitbestimmen? Nein danke!“

    Wie ging die Wahl für die SPD eigentlich aus?

    Liebe Grüße,

    Svenja_Eck

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