Verdammt, ich glaube, ich hab‘ noch nie so aggressiv-erwartungsvoll an ’nem Joint gezogen. Wütend auf der Suche nach mehr Wut, um ein Ventil für sie zu finden. Und dabei dieser Selbstekel; den eigenen Selbsttäuschungsversuchen hinterherjagen als wären sie
ein mechanisches Kaninchen. Nur nicht ganz so schnell… Hauptsache, ich habe es vor Augen, wenn ich ins Ziel komme. WENN ich ins Ziel komme.
In meiner Schulzeit hätte ich nicht gedacht, dass es mir einmal an Schwermut fehlt. An der eigenen, wohl gemerkt. Nicht so ein aufgesetztes Betroffenheitsgewinsel nach dem Motto „Es ist schon schlimm, was so alles in der dritten Welt passiert.“ Etwas Diffuses und Gewichiges und. Ein „Die Welt ist schlecht – und ich bin es auch“ an dem man wirklich leidet. Ich dachte immer, die coolen Kids würden Alk und Gras benutzen, um sich zu entspannen. Um zu fliehen. Asyl suchen. Hätte mir jemand erzählt, ich würde dasselbe tun, um das Gegenteil zu erreichen. Mich künstlich in einen Zustand von Schmerz und Beklommenheit zu versetzen…
Ich wusste nicht, wie schwer sie zu ertragen sein würde, diese Gemütslage, die keine ist. Aber irgendwann hat das Pendel aufgehört, zwischen Schwermut und Übermut zu kreisen – und ist einfach stehen geblieben. Beim Gleichmut…
Und ich bin auch stehen geblieben! Hab ich nicht dieselben Worte schon einmal mit Bleistift auf das Collegeblockkaropapier gedrückt? So oder so ähnlich? Und hab ich damit nicht etwas Vergleichbares, wenn nicht dasselbe gemeint? Jetzt sitz‘ ich wieder da und schiebe meine Finger über die Stahlsaiten. Ja, super, n bisschen intellektuelles, harmonieverweigerndes Gezupfe, großartig. Verzerren und viel Hall reindrehen, dazu noch das Delay, Delay, Delay, Delay… Bloß nicht zu eingängig, bloß nicht zu einfach. Das eigene Genius ist nicht in vier Akkorden im 4/4-Takt zu suchen. Nur grundlose Überheblichkeit in deren dogmatischen Verweigerung.
FUCK, dabei will ich doch bloß, dass mir mal jemand sowas wie „Shine on you crazy diamond“ schreibt – und es dabei ernst meint. Jaja, reichlich tragisch, ich weiß. Aber Denkmäler funktioneren ohne Drama nun mal nicht. Sonst sind sie bloß vergeigte Kunst, die in der Gegend rumsteht. Große Würfe, die bei den Bundesjugendspielen nicht einmal die Teilnahmeurkunde bekommen hätten.
Der Vergleich ist jetzt aber schon sowas ähnliches wie ein Witz. Pfff. Humor ist auch bloß in Worte verpacktes Drei-Akkorde-Geschrammel. Nur Schubidubidu, Schalalala, Yeah, Baby, Yeah…
Warum überhaupt versuchen? Neue Konzepte sind ohne Wiederholung nicht drin. Und etwas prätentiöseres als das erneute Berufen auf den Tod der Kunst und das Ende der Geschichte gibt es nicht. Außer vielleicht der Verwendung des Worts ‚prätentiös‘. Aber muss ich mir wirklich um jeden Preis in die Pickups kotzen, um authentisch zu sein? Bildlich? Wörtlich? Musikalisch?
Wenn das Selbstgespräch eine Kunstform wäre, bräuchte ich mir um ausbleibenden
Einfallsreichtum keine Sorgen machen. Keine Mangelerscheinungen von Kreativität und
Bedeutsamkeit mehr. Innere und äußere Relevanz! Gottwerdung durch bedingungsloses
Vergöttertwerden. Frenetische Beifallsstürme für Selbstbeschäftigung ernten ist auch wie zu Blähungen beglückwünscht zu werden…
Wozu denn überhaupt Künstler sein? Klar, so Hauptberufskünstler sein ist spießig. Einen Agenten haben ist spießig. Verträge abschließen über, für und mit der eigenen Kunst? Spießig. Da kann ich ja auch gleich noch zwanzig Semester Verwaltung studieren und dann in irgendeiner Amtsstube meinen tristen, grauen Alltag führen. Unbetroffen in unbekümmertem, ungestörtem Gleichmut.
Ich will, dass mir einmal nicht alles egal ist. Dass ich nicht auf jede Frage eine Antwort weiß, alles für mehr oder weniger vorhersehbar halte und mich nichts mehr überrascht. Ich will für etwas fiebern, vor etwas panische Angst haben, mich mal wieder um mein Leben fürchten. Ich will nicht immer auf mich selbst einprügeln müssen, nur um überhaupt etwas zu spüren. Nicht die Hand ins Feuer halten, um zu schauen, wann mir die Tränen kommen. Nicht von einem 10 Meter-Brett in einen Haufen Glasscherben springen, um echtes Empfinden zu erleben. Ich will Dinge wollen und andere Dinge nicht wollen. Ich will träumen. Von Dingen, die tun ich würde. Von Dingen, die ich wollen würde. Vor allem würde ich gerne aus diesem Krea-Tief herauskommen.