Die AfD – oder: Mein rechter, rechter Platz ist frei

Zugegeben, ich habe sie nicht ernst genommen sondern mit den Spinnern der PRO-Bewegung in einen Topf geworfen. Und trotz eines satten monatlichen Mitgliedsbeitrags von 10,- € [1] hat sie binnen kürzester Zeit 8.000 Mitglieder [2] angezogen. Dabei hieß es von wissenschaftlicher Seite immer, dass es so etwas wie die „Alternative für Deutschland“ im deutschen Parteiensystem gar nicht geben könne…

Das politische heiße Eisen des Hier und Heute scheint die so genannte „Alternative für Deutschland“ (AfD) zu sein. Verständlich, die Partei wächst rasant. So rasant, dass sie schon jetzt, gerade mal einen Monat nach Parteigründung schon gesondert in den Umfragen erfasst wird, wo ihr 3% der Wählergunst attestiert [3]. Verflucht schnell, was, liebe Piraten? Da haben wir länger gebraucht, oder? Wir mussten uns jede Pressemeldung über uns in mühsamer Kleinstarbeit erkämpfen. Und was waren wir stolz als wir unseren ersten eigenen Umfragebalken hatten. Aber wieso wird die AfD so schnell mit einer solchen Medienaufmerksamkeit beglückt? Weil sie einen Platz besetzt, von dem es immer hieß, er werde in Deutschland leer bleiben. Ich erläutere:

Bei der Charakteristierung des bundesdeutschen Parteiensystems und im Vergleich zu anderen Parteiensystemen fiel immer auf, dass es keine wirklich stockkonservativ-rechte bis rechtspopulistische Partei gibt. Ja, ich weiß, da werden jetzt einige widersprechen, aber gemessen an den Republikanern der USA ist die CDU ja fast schon sozialistisch anzusehen. Und auch die NPD kann hier nicht genannt werden, weil sie schlicht und ergreifend nicht für das Parteiensystem relevant ist (zum Glück!). Das heißt im Klartext: es war von je her (also seit 1949) auf höchster Ebene der Legislative ein Platz frei, den niemand einnehmen wollte. Nämlich rechts der CDU. Dass dieser Platz so unbeliebt und verpönt war, erklärt sich aus der Geschichte (fragt mal Guido Knopp). Parteienforscher waren sich einig, dass es rechts der Union zwar ein Wählerpotential gebe, aber es wohl oder übel ungenutzt bleiben müsse, weil die Gesellschaft genau diesen Platz argwöhnisch beobachtete. Denn rechtsextreme und rechtspopulistische (Kleinparteien) wie die Republikaner, die DVU und eben die NPD konnten auf Landesebene punkten, nicht aber im Bund. Wie die AfD beweist, scheint das wohl vor allem an einem gelegen zu haben: an deren Auftreten.

Das Spezifische an der AfD ist ja, dass sie alles was sie tun vor dem scheinbaren Hintergrund der Vernunft tun. Man nehme eine Hand voll „Experten“ und lasse diese daherschwafeln, warum es beispielsweise das beste für Deutschland (denn der Rest ist ja schon laut Parteiname nicht von Belang) wäre, Europa so weit es geht, den Rücken zu kehren. Und auf einmal wirkt das, was die Herren Professoren da sagen, richtig. Wie eine verborgene Wahrheit, die endlich freigelegt wurde. Denn es hat ja nicht irgendwer gesagt, sondern ein Professor! Charakteristisch ist darüber hinaus auch, dass sie sich „Alternative“ nennen. Natürlich, zu einem gewissen Teil sind sie es auch. Nämlich durch das, was sie in ihrem Programm so fordern. Aber nach ihrer Organisation und ihrem Auftreten – also auch der Funktionslogik ihrer Selbstdarstellung – sind sie gerade das nicht: eine Alternative. Sie sind, so wie sie im Innersten funktionieren, genauso etabliert wie SPD, FDP, Linke, Grüne und die Union, denen so viele enttäuscht den Rücken gekehrt haben. Alles strengstens Top-Down, um stets die Kontrolle über die Außenwirkung zu behalten.

Aber das ist ja alles – für Sympathisanten – fast nicht von Belang. Entscheidend ist, dass hier eine Partei eine „Alternative“ sein will, die den Protest lebt, die so funktioniert wie alle anderen (etablierten) Parteien auch – es ist also kein Umdenken erforderlich –  und mit ihrer Ausrichtung eben auch die Aufnahme von allen möglichen frustriereten, ressentimentgeladenen Spinnern ermöglicht. Natürlich ist es jetzt noch viel zu früh, die Partei eindeutig nach ihrem Programm politisch einzuordnen. Da gibt es bisher ja nur die Euro-Thematik und das, was die Partei selbst über sich sagt. Fest stehen sollte allerdings, dass sie rechtsoffen ist. Und das ist brandgefährlich. Die AfD könnte ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Salonfähigkeit von nationalen Ressentiments, die eben hier vom Deckmäntelchen der Wirtschaftsfragen verhüllt sind, werden. Denn anders als NPD, DVU, REPs ist sie eben NICHT mit dem Label „rechtsextrem“ versehen. Damit ja prinzipiell wählbar. Deswegen sträubt sich die Partei ja auch mit Leibeskräften dagegen, „rechts“ oder „rechtspopulistisch“ genannt zu werden. Die wissen, welche Bedeutung die öffentliche Wahrnehmung für sie hat.

 

Quellen:
[1] https://www.alternativefuer.de/
[2] http://www.tagesschau.de/inland/afd118.html
[3] http://www.sueddeutsche.de/politik/alternative-fuer-deutschland-bei-insa-umfrage-anti-europa-partei-erreicht-drei-prozent-1.1649857

Autor: Herr_Samsa

Eingeschlafen - geträumt - aufgewacht - Käfer.